Interview mit Elke Urban am 14.6.2013
Kurzüberblick
Elke Urban lebte seit 1969 im Viertel. Sie ist dreimal umgezogen, von der Tschaikowskistraße in die Waldstraße und dann wieder in die Tschaikowskistraße. In ihrem ausführlichen Interview erzählt sie von den Lebensverhältnissen im Viertel zu DDR-Zeiten und nach der Wende bis zu ihrem Wegzug nach Schleußig 2013.
Sie erzählt von Teilhauptmiete in den großen Wohnungen im Viertel und wie man damit umging, von der Erfahrung mit Stasispitzeln als Nachbarn, von Heizungsnöten und Verfall, aber sie schwärmt auch noch immer von der geringen Miete, den hohen Räumen und den vielen Möglichkeiten, die die Wohnungen ihrer Familie mit fünf Kindern boten, vom Spielplatz im Rosental und dem Grün, das so nah war.
1973 zogen sie in die Waldstraße 56. Elke Urban war mit dem zweiten Kind schwanger. Mit einem alleinerziehenden Mann mit Tochter durften sie in Teilhauptmiete eine Wohnung teilen und den Korridor und das Bad in gegenseitiger Absprache gemeinsam benutzen. Es gab auch nur eine gemeinsame Toilette. Drei schöne Zimmer mit Parkettfußboden und Stuckdecke und eine eigene Küche mit Balkon waren trotzdem ein wahr gewordener Traum für die Familie. Allerdings wurden sie gewarnt, dass im Haus angeblich lauter Stasileute wohnen. Was das bedeutete und wie sie damit umgingen, welche Strategien sie anwandten, damit der Konzertpianist Ulrich Urban weiter in den Westen reisen durfte, erzählt Frau Urban ausführlich. Schließlich lebten sie bis zum Jahr 2000 in der Waldstraße, am Ende sogar in sieben Zimmern in 230 qm für 160 Mark Miete.
Die Geschichte der Nachwendezeit des Viertels beginnt Frau Urban mit der Erzählung von einem Straßen-Interview im Jahre 1989, in das sie zufällig hineingeraten war. Der Film „Ist Leipzig noch zu retten“, in dem auch dieses Interview gezeigt wird, ist auch heute noch einfach (im Netz) zu finden, erzählt Frau Urban. Wie es nach der Wiedervereinigung weiterging, warum Westinvestoren das Viertel günstig übernehmen konnten und wie aus den im Film eindrucksvoll gezeigten völlig heruntergekommenen Häusern Luxuswohnraum wurde, schildert Frau Urban anschließend.
Zur Sprache kommen auch andere gesellschaftliche Entwicklungen sowohl der DDR- als auch der Nachwendezeit, wie etwa das Verhältnis der Bürger zur Kirche und den nachwendezeitlichen städtischen Entscheidungen über Schul- und Kindergartenstandorte.
Schließlich beschreibt sie ihr Verhältnis zum Bürgerverein Waldstraßenviertel e.V. und dem sehr viel später gegründeten Kultur- und Begegnungszentrum Ariowitschhaus e.V. Dabei kommt auch ihre Freundschaft mit Ralf Kralowitz zur Sprache, einem Holocaustüberlebenden und anschließend DDR-Vertriebenen. Er hat ihr – und über aufgezeichnete Interviews auch vielen anderen – als Zeitzeuge die jüdische Geschichte des Viertels detailreich schildern können. Diese liegt dem Bürgerverein auch heute noch am Herzen, was Frau Urban begrüßt.
Zum Schluss wartet noch eine Anekdote aus DDR-Zeiten auf die Leser des verschriftlichten Originalinterviews.
Interview: Heinz Bönig.
Kurzüberblick: Petra Cain.