Wieder was gelernt

Der Neujahrsempfang des Bürgervereins

Von Petra Cain

Das Vereinsjahr beginnt nun schon seit einigen Jahren mit einem Angebot des Vorstands. Wer möchte, kann an einen Vormittag im Januar Neues über eine Leipziger Attraktion erfahren oder alte Kenntnisse auffrischen. Nach Oper, Universität und Hauptbahnhof besuchten wir diesmal das Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig im Grassi.

Da 75 Mitglieder gekommen waren, wurden wir in drei Gruppen durch die weitläufigen Räume des Museums geführt. Vorgestellt wurden uns Blas-, Streich- und Tasteninstrumente in jedem Format und aus den unterschiedlichsten Materialien. Jedes hat seine mehr oder minder gut belegte Geschichte, viele sind liebevoll verziert oder bemalt. Beeindruckt hat uns alle, welche Fülle von genialen Erfindungen und wieviel handwerkliche Mühe seit Jahrhunderten den Instrumentenbau prägen. Dabei ging es nicht nur um den guten Klang, sondern auch um ganz praktische Erwägungen. Ein Flügel zum Beispiel, der mit wenigen Griffen zum Teetisch umgebaut werden konnte, löste als multifunktionales Möbel Platzprobleme. Viele Sammelstücke sind noch funktionstüchtig, und wer besonderes Glück hatte, durfte auch einmal selbst in die Tasten greifen.

Faszinierend vor allem auch für Waldstraßenviertelbewohner ist die Sammlung selbstspielender Musikinstrumente, von denen tausende in unserem Viertel produziert wurden. In den Rückgebäuden der ehemaligen Sedanstraße 17 (heute Feuerbachstraße) und in der Waldstraße 20 baute man ab den 1880er Jahren Organetten, Spielautomaten, die auch für kleinere Geldbeutel erschwinglich waren und von Leipzig aus in alle Welt exportiert wurden. Das Erfolgsgeheimnis waren die Lochplatten aus Pappe, die es zum ersten Mal erlaubten, eine größere Sammlung an Musikstücken zu besitzen. Das Orphenion, ein ähnlicher Automat, wurde in der Sedanstraße 5-7 produziert. Die Musikautomatenindustrie zählte in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen in Leipzig und deckte die Hälfte der weltweiten Nachfrage.

So könnte man noch lange weitererzählen. Trotzdem bleibt das Gefühl, dass wir leider an vielen spannenden Geschichten vorbeigehen mussten. Alle, mit denen ich gesprochen habe, meinten, dass sie unbedingt wiederkommen wollen.

Zum Neujahrsempfang gehört aber auch das anschließende gesellige Beisammensitzen. Diesmal waren wir im Literaturcafé im nahe gelegenen Haus des Buches. Hier konnten wir bei Suppe und Häppchen den spannenden und vergnüglichen Vormittag ausklingen lassen und uns gegenseitig versichern: Wieder was gelernt!

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